Obwohl der Mindestlohn hierzulande zuletzt gestiegen ist, hinkt Deutschland im Vergleich zu anderen EU-Ländern deutlich hinterher. Das ist das Ergebnis des Internationalen Mindestlohnreports, den das gewerkschaftsnahe Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung veröffentlicht hat. "Deutschland hat den Mindestlohn erst ziemlich spät und auf relativ niedrigem Niveau eingeführt", sagte Tarifexperte Thorsten Schulten, der maßgeblich an der Auswertung beteiligt war.
"Das ist immer noch das Ergebnis dieser Entwicklung." Während die Untergrenzen in den 21 EU-Staaten und Großbritannien, in denen Mindestlöhne gelten, zuletzt um sechs Prozent stiegen, liegt Deutschland mit einer Erhöhung von gerade einmal 1,7 Prozent deutlich darunter. Rechnet man den Effekt der Inflation heraus, stiegen die Mindestlöhne EU-weit um 4,4 Prozent und hierzulande um 0,3 Prozent. Der deutsche Mindestlohn wurde Anfang 2015 mit 8,50 Euro pro Stunde eingeführt.
Deutschland auf Rang sieben
Mit dem seit Jahresbeginn geltenden Mindestlohn von 9,35 Euro steht Deutschland aktuell auf Platz sieben derjenigen EU-Länder, in denen ein Mindestlohn gilt - hinter dem Spitzenreiter Luxemburg (12,36 Euro), aber auch hinter Frankreich, den anderen Benelux-Staaten, Irland und Großbritannien.
Mittlerweile ist das Thema Mindestlohn auch auf der Agenda der EU-Kommission angekommen, die sich für eine EU-weite Regelung einsetzen will. Dabei geht es nicht um einen einheitlichen Lohn, da die Lebenshaltungskosten in den Mitgliedsstaaten sehr unterschiedlich sind. Stattdessen könnte es aber auf verbindliche Standards hinauslaufen.
So sehen Experten einen Mindestlohn, der unter 60 Prozent des mittleren Lohns eines Landes liegt, als armutsgefährdend an. Deutschland liegt nach Berechnung der WSI-Studie mit seinem Mindestlohn dabei zurzeit bei 46 Prozent des mittleren Lohns. "Eine EU-weite Anpassung könnte zu einer erheblichen Erhöhung der Löhne führen", meint Schulten. Auf Deutschland berechnet würde das etwa zu einem Mindestlohn von zwölf Euro führen, wie ihn etwa die SPD und Gewerkschaften fordern.
n-tv
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